Der Sitz im Schulterherein

 

Sitzt man im Schulterherein eigentlich innen oder außen?

In der Reiterei geht es, neben den Erklärungen von anatomischen Zusammenhängen und Bewegungsmustern, um das vermitteln eines Gefühls.

Das lässt sich mit Worten jedoch oft schwer beschreiben.

Eigentlich suchen wir Leichtigkeit, tun uns in der Kommunikation miteinander jedoch oft schwer, weil Begriffe und Erfahrungswerte unterschiedlich sind. 


                                                 
Marion Hentschel auf Apollo

Das Schulterherein ist ein Klassiker für zwischenmenschliche Missverständisse. Deshalb möchte ich heute gerne Bezug dazu nehmen.

Im Grunde genommen ist es in jeder Übung auf dem Pferd erstmal so, daß sich Pferd und Reiter im Gleichgewicht und Gleichklang bewegen sollten. Das Reiterbecken bleibt prinzipiell immer erst mal mittig über dem Pferd im Gleichgewicht und folgt der Bewegung bzw der Gangart. Das ist der Beckenschwung. Die Taille ist gestreckt, die Schultern aufgerichtet.

Der Schwerpunkt ist die Mitte des eigenen Körpers, die es stets beizubehalten gilt, sie ist mit dem Schwerpunkt des Pferdes zu vereinen. Der Schwerpunkt des Menschen befindet sich im Unterbauchbereich. Hier entsteht auch die Körperspannung um das Gleichgewicht auf dem Pferderücken ausbalancieren zu können, wie bei einem Voltigierer, der ohne Sattel und ohne sich festzuhalten auf dem Pferderücken sitzt und oben bleibt😉.

Wir sprechen auch von einem ausbalancierten Sitz.

Auf dieser Grundlage können Lektionen aufgebaut werden.

Unsere Sitzbeinhöcker (Gesäßknochen) sind für die Biegung im Pferd zuständig. „Das Pferd am Sitz reiten“ beschreibt das Reiten über die Sitzbeinhöcker. Ein Sitzbeinhöcker sorgt für Stellung und Biegung.

Alles das, was unser Becken und die Sitzbeinhöcker tun, nennen wir Sitzhilfe.

Optimal ist es, wenn das Pferd bereits am Boden über Volten und Zirkel geschmeidig gemacht, bestenfalls auch an der Hand schon mit dem Schulterherein vertraut gemacht wurde.

Volten und Zirkel sind eine sinnvolle Vorbereitung für das Schulterherein, denn die Bewegungsabläufe ähneln sich durch ihre Innenbiegung und ihre Abwendung der Schultern nach innen.

In der Biegung soll sich das Pferd also auf der Innenseite verkürzen und in der äußeren Linie dehnen.

Sowohl auf Zirkeln, als auch im Schulterherein trägt der innere Sitzbeinhöcker zu dieser Biegungsform bei. Er dient der Kompression des inneren Rückenmuskels des Pferdes.

                                                                       

Innensitzen heißt genau genommen nur, daß das innere Bein des Reiters lang und locker bleiben sollte, so daß die Hüfte entspannt ist und somit der innere Sitzbeinhöcker für den Reiter spürbar ist und das Pferd korrekt gebogen arbeiten kann.

Den äußeren Sitzbeinhöcker braucht man im Grunde gar nicht, oder kaum, denn das Pferd sollte sich in der äußeren Linie dehnen.

Wichtig ist, daß der Reiter nicht in der Taille abknickt. Das Abknicken kann zur Folge haben, daß sich das Gesäß und damit der Sitzbeinhöcker bzw das Gewicht des Reiters nach außen schieben könnte. Das Pferd würde umbiegen.

Der Reiter sollte sich nicht der Schiefe des Pferdes anpassen, sondern bestenfalls diese mit dem eigenen Körper korrigieren.

Deswegen könnte auch ein zu starkes nach innen lehnen im Oberkörper Gewichtshilfe auf die innere Schulter des Pferdes geben, was wir ja vermeiden möchten.

Eine Korrektur des Reiters „nach außen“ kann deshalb durchaus sinnvoll sein, z.B. wenn sich das Pferd zu sehr auf die innere Schulter legt, oder der Reiter zu innenlastig sitzt.

Eine Korrektur zurück zur Mitte findet sich meist am leichtesten über die Extreme, in diesem Fall nach außen, also in die andere Richtung.

Setzt man zur Korrektur dann sein ganzes Becken nach außen? Gibt man lediglich einen Bügeltritt? Dreht man sich auch mit dem Oberkörper etwas nach außen? Alles das kann richtig sein. Entscheidend ist, herauszufinden, wo das Problem genau liegt und entsprechende Korrektur daraufhin einzusetzen. Ganz entscheidend ist also beim „Außen- oder Innensitzen“:

Was und welches Körperteil ist genau gemeint?

Beides kann richtig sein.

 

Hilfreich ist Folgendes:

In der Volte, z.B. links herum, dreht sich der Reiter in die Linkswendung ein. Er öffnet sich für das Abwenden im Brustkorb, dreht die Schultern nach innen ein und richtet seinen Blick in die Bewegungsrichtung nach innen.

Um zu überprüfen, ob die Volte korrekt gearbeitet wird, kann der Reiter die Zügel in eine Hand, am besten die äußere, nehmen, weil sich dann die innere Schulter besser nach innen und hinten bewegen kann. Das Pferd sollte sich auf die Körperdrehung des Reiters in die Volte hinein bewegen.

Können Volten und Zirkel in Schritt und Trab durch die genannte Körperdrehung einhändig (einhändig bedeutet in diesem Fall: für sie Sitzschulung Zügel in einer Hand gehalten) geritten werden, kann man das Schulterherein anschliessen.

Mein Tip:

Für das Schulterherein geht es um dasselbe Innensitzen und dasselbe Eindrehen der Schultern nach innen, wie in Volte und Zirkel. Hinzu kommen weitere Hilfen, wie der innere Schenkel, um das innere Hinterbein lateral unter den Schwerpunkt zu arbeiten, und die Führung des Pferdes.

Den eigenen Schwerpunkt kann man schulen, indem man, vorerst an der Longe, aber später auch eigenständig reitend

 

-       ohne Steigbügel

-       ohne Sattel

-       oder mit Zügeln nur in einer Hand

im Schritt, aber vor allem im ausgesessenen Trab den ausbalancierten Sitz und den inneren Sitzbeinhöcker erfühlen lernt.

 

Prüfstein:

des Reiterschwerpunktes ist damit, daß der Reiter mindestens im ausgesessenem Trab ohne Steigbügel und mit Zügeln in einer Hand der Pferdebewegung harmonisch folgen kann. Becken und Pferderücken schwingen dann im Gleichklang. 

Der innere Sitzbeinhöcker arbeitet korrekt, wenn das Pferd ohne größeren Einfluss von Zügelhilfen nach innen stellt und biegt.

 

Schaut auch auf unserem YouTube Kanal, z.B. das Theorie-Video zum Schulterherein


 Sandra Mauer, blanq 

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