Die Schulparade (von Lisa Sherin Kühn)

 

 Die Schulparade
von Lisa Sherin Kühn

 

                                                                                Collage: Lisa Kühn
 

Die Schulparade, auch Schulhalt, ist eine der effektivsten Lektionen zur Überprüfung der Durchlässigkeit des Pferdes und dient zusätzlich noch der Erklärung der Hankenbeugung.
Bauchmuskeln und besonders die Hinterhand werden angesprochen und gestärkt.


Das in Kombination, macht sie zu einem wunderbaren Werkzeug um das Pferd in Leichtigkeit zur Versammlung zu verhelfen und es gleichzeitig noch gesundheitsfördernd zu trainieren.

Der Nutzen

Die Schulparade dient der Erklärung der korrekt ausgeführten, durchlässigen Parade.
Das Pferd wird dazu angeregt sich vermehrt auf die Hinterhand zu setzen. Dabei kommt es zu stärkerer Hankenbeugung.

Vorbereitend erklärt man dem Pferd die lösende Übung des Vorwärts-Abwärts. Somit lehrt die Schulparade die gesamte reiterliche Hilfengebung im Stand.


Als Hanken versteht man die großen Gelenke der Hinterhand, also Hüft-, Knie- und Sprunggelenk. Haben diese eine gute Aktion erhöht sich die Federkraft der Hinterhand und die Bewegungen werden geschmeidiger. Aus Schubkraft entsteht Tragkraft. So werden Gelenke geschont und das Pferd wird leichter zu sitzen.

Die Gelenke der Hanken sind zusätzlich durch die sog. Spannsägenkonstruktion miteinander verbunden. Sie beschreibt einen muskulären Halteappart des Pferdes, der dazu dient das Kniegelenk immer im gleichen Winkel zu beugen, wie das Sprunggelenk. Hierdurch spart das Pferd bei jedem Schritt Energie.

Dies ist ein gutes Beispiel, um sich zu verdeutlichen, wie stark die Strukturen des Pferdekörpers zusammenhängen und immer als Ganzes gesehen werden müssen. "Volkskrankheiten" wie Knieprobleme beim Pferd (z.B. Die Kniescheibeninstabilität oder Verrenkung = Patellaluxation*) müssen daher ganzheitlich behandelt werden, um sie langfristig zu kurieren - und das auch durch korrektes Training.

Ein gleichmäßiges Üben auf der rechten, sowie der linken Hand, schult die Balance und hilft die natürliche Schiefe oder Händigkeit des Pferdes nach und nach zu auszugleichen.

Die Hilfengebung in der Bodenarbeit

Als Erstes wird das Pferd gelöst. Dann überprüft man die Durchlässigkeit des Pferdes, indem man es sein Gewicht verschieben lässt. Hierfür fragt man das Pferd, ob es sich Vorwärts-Abwärts strecken kann, indem man die Gerte in Richtung der inneren Schenkellage zeigen lässt. Anschießend deutet man mit der Gerte auf die Position des inneren Zügels, um es dazu anzuregen sich im Genick zu stellen und im Hals zu biegen. Mit Hilfe einer Parade und der Körpersprache verschiebt es dann sein Gewicht zunächst zwischen den Schultern, um diese zu lösen. 


Ist dies gelungen, arbeitet man sich langsam mit einer Parade Wirbel für Wirbel zur Hinterhand. Mehr und mehr übt das Pferd sein Gewicht nach hinten zu verlagern und sich zu setzen.
Auf diese Weise kann das Pferd im Stand, wie eine Schaukel, sanft vor- und zurückgleiten: Sich entspannen und setzen im Wechsel.


Je mehr dabei der Kopf in dressurmäßiger Haltung an der Senkrechten getragen wird, desto direkter ist der Einfluss über die Wirbelsäule auf die Hinterhand.
Besondere Aufmerksamkeit widmet man hier der Reaktion der Hanken, denn das Ziel ist eine sanfte und flüssige Biegung eben dieser.


Das Hauptaugenmerk bleibt aber stets die Durchlässigkeit des Pferdes, um Verspannungen zu vermeiden.

Die Hilfengebung unter dem Reiter

Wie bei der Übung vom Boden, bleibt das Ziel eine fließende Gewichtsverlagerung nach hinten und eine geschmeidige Reaktion der Gelenke.


Der Reiter erfragt nun wieder die Dehnung nach vorne und das sanfte Annehmen des Zügels. Gelingt dies, erfolgt der spielerische und entspannte Wechsel zwischen Schulter- und Kruppeherein, wobei immer wieder am inneren Schenkel gelöst wird.


Erfolgt die Parade richtig, so geht sie durchlässig durch die Wirbelsäule und alle Gelenke der Hinterhand und erzeugt hier Tragkraft.

Der Weg ist das Ziel

Alles beginnt mit einem kleinen Gedanken, einem Bild, das sich Stück für Stück entwickelt und irgendwann ein großes Ganzes ergibt.


So ist es auch bei dieser Lektion. Was mit einem sanften, entspannten Schwingen der Schultern beginnt, kann sich mit Geduld, Einfühlungsvermögen und mit genügend Zeit zu einem Ausdruck von Stolz und Kraft in Form einer Schulparade entwickeln.

 *Exkurs: Volkskrankheit Patellaluxation

 
Wir alle kennen das Bild von einem schlafenden Pferd, das ein Bein entlastet.
Damit es nicht umfällt, hat Mutter Natur das Pferd mit dem Patellamechanismus ausgestattet. Hierbei wird das Knie durch die Kniescheibe (Patella) unbeweglich gemacht, indem ein Knorpel der Kniescheibe beim gestreckten Bein am Rollkamm des Oberschenkelknochens aufsitzt.

Durch die Spannsägenkonstruktion ist nun auch das Sprunggelenk passiv arretiert.
Aufgelöst wird diese Stellung durch Muskelarbeit der Hinterhand (besonders der Oberschenkelmuskel = M. quadriceps femoris), wobei die Patella ein Stück nach oben gehoben wird und dann nach unten gleitet. Das Bein ist nun wieder voll beweglich.

Funktioniert dieser Vorgang nicht, spricht man von der Patellaluxation und in schlimmen Fällen auch von der Patellafixation.


Ursächlich dafür ist in vielen Fällen die mangelhaft ausgeprägte Muskulatur der Hinterhand.
Physiologisches Training kann die Muskulatur der Hinterhand kräftigen.
Die Schulparade kann dabei eine von weiteren unterstützenden Übungen sein.

 

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